3      Technologien Fahrzeuge

3.1   Ortung

3.2   Umfelderfassung

3.3   Kommunikation V2I

3.4   Kommunikation innerhalb Fahrzeug

 

 

3.1    Ortung

Zur Lokalisierung im Außenbereich nutzen fahrerlose Transportfahrzeuge heute typischerweise künstliche Marken (induktive Leitlinien, Magnetpunkte, Transponder). In SAFE20 wird die Navigation hauptsächlich anhand von natürlichen Umgebungsmerkmalen und Satelliten erfolgen. Dazu sollen zahlreiche Sensordaten (Lidar, GNSS etc.) fusioniert und zu einer präzisen Pose (Position und Orientierung) kombiniert werden. Insbesondere müssen asynchrone Daten, unterschiedliche Frequenzen und Konfidenzwerte Berücksichtigung finden, um die verschiedenen Anforderungen in weitläufigen Freiflächen und direkt neben Gebäuden zu erfüllen.

SICK entwickeln ein Lidar-basiertes Ortungssystem für Fahrzeuge in der Automatisierungszone. Die Bestimmung einer hinreichenden Fahrzeugposition ist für die Umsetzung des Sicherheitskonzeptes von essentieller Bedeutung, um die notwendige übergeordnete Fusion der fahrzeug- und infrastrukturseitigen Umfelderfassungssysteme realisieren zu können. Zur Umsetzung des Lidar-basierten Ortungssystems werden zunächst Algorithmen erarbeitet, die passende Navigationskarten für die Automatisierungszone aus initial aufgenommenen Lidar-Daten erstellen und während des Betriebes kontinuierlich aktualisieren. In deutlicher Erweiterung zu bereits vorhandenen Lidar-basierten Ortungssystemen gilt es, für die Automatisierungszone mehrere Lidar-Sensoren im Fahrzeug zu kombinieren, um eine hinreichende Ortsbestimmung durchführen zu können. Das ist zum einen aufgrund der deutlich größeren Abstände zu Objekten in der Umgebung notwendig, zum anderen, um Nickbewegungen des Fahrzeugs zu kompensieren. Die Kartenerstellung wird daher voraussichtlich deutlich über eine klassische 2D-Karte hinausgehen. Hierbei muss zusätzlich berücksichtigt werden, dass die Anbaupositionen der Lidar-Sensoren vom Fahrzeugtyp abhängen und somit teilweise deutlich unterschiedlich sein können. Hierzu sind Algorithmen zu entwickeln, um die jeweils generierten Navigationskarten auch fahrzeugübergreifend nutzbar zu machen.

Aufbauend auf den generierten Karten sollen anschließend robuste Lokalisierungsalgorithmen entstehen, die die lokale Pose des Fahrzeugs innerhalb der Automatisierungszone bereitstellen. Zur Steigerung der Robustheit, insbesondere zur Initialisierung, wird untersucht, externe Sensoren, wie z. B. fahrzeugspezifische Odometriedaten, GPS-Daten oder Positionsdaten externer Umfelderfassungssysteme, für die fahrzeuglokale Ortung zu nutzen. Die Lösung wird abschließend unter verschiedenen Witterungsbedingungen getestet und evaluiert. Im Projekt ist der Einsatz sowohl für das KAMAG Wechselbrückenfahrzeug als auch für den Verteiler-Lkw vorgesehen.

 

3.2    Umfelderfassung

SICK erarbeitet Algorithmen zur Erstellung eines fahrzeuglokalen Umfeldmodells für die Automatisierungszone mittels geeigneter Sensoren. Ziel ist es, eine Liste aller relevanten Objekte in der Umgebung des Fahrzeuges inklusive deren Position, Richtung, Geschwindigkeit und Klassifikation zu erstellen, um somit das vorgegebene Sicherheitskonzept zu stützen und umzusetzen. Dazu werden verschiedene Algorithmen für die eingesetzten Sensortypen (Lidar, Radar) generiert, die Objekte der Umgebung aus deren Rohdaten extrahieren, tracken und klassifizieren. Bei Lidar-Sensoren umfasst das verschiedene Ansätze der Scandatenclusterung (Segmentierung), der zeitlichen Verfolgung (Tracking) sowie der anschließenden Objektklassifikation. Zusätzlich werden Algorithmen zur Low-Level-Datenfusion, also der Datenfusion auf Rohdatenebene, inklusive der Kalibrierung der Sensoren untereinander entwickelt und erprobt. Bei Radarsensoren werden der Applikation und Umgebung angepasste Radartrackingalgorithmen entwickelt und erprobt. Hier steht insbesondere im Vordergrund, physikalisch bedingte Reflektionen („Geisterobjekte“) zur Steigerung der Robustheit herauszufiltern.

Die Ergebnisse der lokalen Einzelsensoren werden zusätzlich durch eine lokale High-Level-Datenfusion, also einer Fusion der Objektlisten der einzelnen Erfassungssysteme, zusammengeführt, um eine dem Safetykonzept entsprechende Robustheit gewährleisten zu können. Neben der eigentlichen Umfelderfassung ist ein weiterer wesentlicher Teil die Kompensierung der Fahrzeugeigenbewegung sowie eine Integration der Fahrzeugeigenlokalisierung innerhalb der Automatisierungszone, um die erfassten Objekte in eine globale Relation zu setzen und auch für andere Fahrzeuge bzw. dem übergeordneten Fleetmanagement nutzbar zu machen. Die Ergebnisse der Umfeldmodellierung werden abschließend durch standardisierte und klassifizierte Objektlisten bereitgestellt und dienen als Grundlage für eine sichere lokale Automatisierung der Sonderfahrzeuge.

3.3    Kommunikation V2I

Eine zunehmende Anzahl an Kommunikationstechnologien erfordert entsprechende Systeme, um diese auch bedienen zu können. Das Modul ProConnect verfügt über alle erforderlichen Features für eine zuverlässige Kommunikation zwischen Fahrzeug und Umwelt.

Neben dem handelsüblichen Wireless Lan nutzt die ProConnect das automotive WLan 802.11p und alle gängigen Cellular-Standards. Techniken zur Positionsbestimmung über Satelliten wie GNSS und RTK lassen sich ebenso nutzen wie der Kurzreichweitendienst Bluetooth. Die Anbindung an das Fahrzeug erfolgt ebenfalls über die standardgemäßen Kommunikationsmittel wie CAN oder LIN-Bus. Analoge und Digitale Ein-/Ausgänge runden die Kommunikation ab.

Innerhalb des Projekts ist es aller Voraussicht nach vorgesehen, über den 802.11n Standard mit der Außenwelt und fahrzeugintern über den CAN-Bus kommunizieren.

 

3.4    Kommunikation innerhalb des Fahrzeugs

Um den Anforderungen an einen vollautomatisierten Hoflogistik-Betrieb gerecht zu werden, steigt die Komplexität der EE-Architektur in Hoflogistik-Fahrzeugen mit einer Vielzahl innovativer Komponenten zwangsläufig. Es werden mehr und neuartige Sensoren und Steuerelektroniken benötigt, um Situationen des Logistikumfeldes sicher und zuverlässig zu beherrschen. Eine große Herausforderung bildet hierbei die Kommunikation aller Komponenten innerhalb des Fahrzeugnetzwerkes. In SAFE20 kommunizieren beispielsweise folgende im Fahrzeug integrierten Subsysteme: Ortung, Umgebungserkennung und -interpretation, Steuerungs- und Regelungsalgorithmen, Sensoren, Aktuatoren, etc. Die Kommunikation soll dabei ohne Datenverluste, Wiederholungen, Einfügungen, falsche Abfolge von Daten, Verfälschungen und Verzögerungen erfolgen. Fahrzeugnetzwerke nicht automatisierter Fahrzeuge konnten die genannten Anforderungen mit etablierten Protokollen und Bus-Systemen, wie beispielsweise dem CAN-BUS, ausreichend erfüllen. Bei automatisierten Fahrzeugen werden für die Umfelderfassung optische Sensordaten benötigt, welche mehr Datenverkehr und höhere Datenraten auf den Fahrzeugnetzwerken bedingen. Hierfür wird im Projekt SAFE20 unter anderem die Ethernet Netzwerktechnologie mit Übertragungsbandbreiten von bis zu 1Gbit/s partnerübergreifend analysiert und bei Bedarf implementiert.

Ethernet-basierte Bussysteme (und vergleichbare Standardisierungen) bewegen sich hierbei nur auf der physical- und data-Schicht (nach dem OSI-Schichtenmodell für Kommunikation). Zur Definition der network- bis zur application-Schicht etablieren sich aktuell diverse Automation Frameworks, die Entwickler mit vordefinierten Bausteinen bei der Anwendungsentwicklung unterstützen und gleichzeitig die darunterliegenden Kommunikationsschichten mit spezifischer Middleware definieren. Dabei setzen unterschiedliche Frameworks auf verschiedene Middlewares. STW analysiert deshalb die Performance und die Robustheit einschlägiger kommerzieller und open-source Frameworks (wie z. B.: ROS, ROS2) und deren Middlewares und bewertet sie hinsichtlich der Tauglichkeit für automatisierte Logistik-Fahrzeuge. Neben der Sicherheit und Ausfallsicherheit der Daten auf dem Kommunikationsweg spielen zuverlässig niedrige Latenzen trotz hoher Bandbreiten und der effiziente/ressourcenschonende Umgang mit Prozessorkapazitäten eine wichtige Rolle bei der Bewertung der internen Kommunikation (Node -zu-Node). Darüber hinaus wird der Portierungsaufwand bestehender Automatisierungsalgorithmen zur Verwendung mit echtzeitfähigeren Kommunikations-Middlewares geprüft.